Post by Wolfgang PaulPost by Martin SommerEs will mir einfach nicht einleuchten, dass es keine Rolle spielt, ob
die Graukarte grau oder weiss ist.
Im folgenden gehe ich davon aus, daß Du die o.g. Karte für den ebenso
kurz wie IMO irreführend(!) genannten "Weißabgleich" einer
Digitalkamera verwenden willst und **nicht** für eine
Belichtungsmessung! [1]
Der Weißabgleich heißt zu Recht so, weil er dazu dient, die neutrale
Wiedergabe von Weiß bei einer bestimmten Lichtart zu gewährleisten. Das ist
nicht identisch mit einer "neutralen Farbwiedergabe".
Post by Wolfgang PaulWenn Du dann statt des »üblichen« Begriffs "Weißabgleich" den IMO viel
besseren geeigneten Begriff "Farbneutralabgleich"(tm) verwenden
würdest, würde damit auch viel leichter klar werden, daß die
verwendete Fläche vor allem *eine* Bedingung erfüllen muß,
- sie muß alle Farben des sichtbaren Spektrums *in _gleicher_ Weise*
reflektieren!
Diese Bedingung für einen korrekten Weißabgleich ...
Post by Wolfgang PaulGrund: Es ist für den »Farbneutralabgleich« tatsächlich völlig egal,
ob die Karte hellgrau, mittelgrau oder dunkelgrau (oder auch irgendwas
dzwischen) ist.
... ist bei grauen Farben und auch Graukarten nicht unbedingt gegeben.
Huch!? Tja. Farbensehen ist eben nicht so einfach, Farbfotografie auch
nicht. Wirklich verläßlich für einen Weißabgleich ist eine sogenannte
"metamerfreie" Graukarte. Was ist das? Metamere Farben sind Farben, die
unter einer bestimmten Lichtart gleich aussehen, unter anderen Lichtarten
aber verschieden. Der Grund ist, dass die Farbwahrnehmung des Auges für die
eigentliche spektrale Zusammensetzung von Lichtern und Gegenstandsfarben
"blind" ist, es registriert nur die relative Anregung der drei Zapfenarten,
wiederum gewichtet gegen die Farbadaption des Auges (die mehr oder weniger
dem Weißabgleich einer Kamera entspricht). Die Empfindlichkeitskurven der
Zapfen über das Spektrum hinweg sehen sehr abenteuerlich aus, insbesondere
sind sie der "roten" und "grünen" fast deckungsgleich mit geringfügig
verschobenen Maxima und insgesamt sehr breiten Flanken, die sich auch mit
der Kurve der kurzwelligen (vulgo "blau") in weiteren Bereichen
überschneiden. Die lebhaften und deutlich unterschiedlichen Farben im
Spektrum werden "herausgerechnet".
An sich machen das Digitalkameras so ähnlich, auch sie haben breite,
einander mehr oder weniger überlappende Banden in den Filterkurven, sonst
könnten sie überhaupt keine vernünftige und einigermaßen natürlich wirkende
Farbdifferenzierung aufnehmen. Allerdings sehen die Filterkurven
offensichtlich ziemlich verschieden von denen der Zapfen in der Netzhaut
aus.
Wenn nun die Remissionskurven verschiedener Farbstoffe oder
Farbstoffgemische mit der Energieverteilung im Spektrum eines darauf
fallenden Lichtes und den Rezeptorkurven der Zapfen in der Netzhaut so
zusammenwirken, dass sich eine gleiche Anregungsgewichtung ergibt, so sehen
die Farben gleich aus - egal wie abenteuerlich oder diskontiuierlich die
Spektren aussehen. In einer anderen Lichtart können die Farben dagegen ganz
verschieden aussehen. Wenn zum Beispiel statt eines kontiniuierlichen
Spektrums ein Bandenspektrum verwendet wird, das für das Auge die gleiche
Farbtemperatur (auf weiß) zu haben scheint, dann kann es sein, dass eine
Linie in dem Spektrum entweder in eine Lücke oder auf ein Maximum in der
Remissionskurve eines Farbstoffes trifft - dann wird der entsprechende
Farbwert höher, geringer oder gar null erscheinen. Im Extremfall können ein
roter und ein grüner Gegenstand, der bei gelblichem Licht (auch bei
Verwendung eines gelben Filters) noch grün und rot erscheinen, in
monochromatischen Natriumdampflicht schwarz oder dunkelgrau aussehen.
Weil nun die Filterkurven von Digitalkameras (die sich auch zwischen
unterschiedlichen Sensoren unterscheiden) ganz anders aussehen als die des
menschlichen Auges, ist es schon ein Glücksfall, wenn bei ansonsten
"exaktem" Weißabgleich alle Farben für die Kamera gleich aussehen, die auch
für das menschliche Auge gleich aussehen.
Und da nun etwas, das grau gefärbt ist, durchaus Grau aussehen kann, obwohl
es kein gleichmäßiges Remissionsspektrum besitzt, ist etwas, das Grau
aussieht, noch lange keine absolute Gewähr für einen exakten Weißabgleich.
{;-)))
Damit verbunden ist das Problem, dass die "Farbtemperatur" nur für einen
schwarzen Strahler definiert ist, während viele Lichtquellen - so auch
"Tageslicht"-Leuchtstofflampen - ein mehr oder weniger diskontinuierliches
Spektrum aufweisen oder überhaupt von der Energiekurve für eine bestimmte
Temperatur in Kelvin abweichen.
Post by Wolfgang Paul- "schneeweiß" als Papierblatt/Karte kann ggf. optische Aufheller
enthalten und ist damit womöglich nicht ausreichend farbneutral!
Das auch. Zumal die Kamera hier womöglich wiederum ganz andere "Farben"
sieht als das Auge. Ach, und da war ja noch diese Leica-Diskussion ...
--
Jödel.